Alsfelder SC 96 setzt auf aktive Mitgliedergewinnung und junge Leute im Verein

Vereine wie der Alsfelder SC 96 müssen sich auf eigene Stärken besinnen, aktiv Mitgliedergewinnung betreiben und eine intakte Infrastruktur schaffen. ASC-Vorsitzender Erich Falk verrät wie.

Der Alsfelder Sport-Club 96 ist ein noch junger Verein. Die ehemalige Leichtathletik-Abteilung des TV Alsfeld hat sich 1996 abgespalten und den ASC gegründet. Seither versucht man im Norden des Vogelsbergkreises, Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene für die grundlegenden menschlichen Bewegungsabläufe zu begeistern. Dr. Erich Falk steht an der Spitze des Klubs und hat ein Team um sich, dessen Mitglieder sich teilweise schon im jugendlichen Alter für Vorstandsarbeit entschieden haben.

Herr Falk, welche leichtathletischen Disziplinen können interessierte Sportler beim ASC betreiben? Gehört auch Stabhochsprung zum Angebot?

Grundsätzlich können alle Disziplinen betrieben werden, lediglich für den Hammerwurf fehlt uns in Alsfeld eine entsprechende Trainings- bzw. Wettkampfmöglichkeit. Insbesondere im Wettkampfbereich orientieren sich die Trainingsinhalte an den Interessen und Spezialisierungswünschen der Athletinnen und Athleten. Aktuell liegt der Schwerpunkt bei den Sprint- und Sprungdisziplinen sowie bei Speerwurf und Kugelstoßen, während die Mittel- und Langstrecke eher unterrepräsentiert sind. Auch im Stabhochsprung, vor einigen Jahren noch eine der Paradedisziplinen des ASC, sind wir momentan nicht sehr präsent. Nur Grania Leaping Rabbit bestreitet hier Wettkämpfe, das aber sehr erfolgreich.

Liegt der Fokus eher auf dem Leistungssport oder dem Breitensport? Wie ist das zahlenmäßige Verhältnis von Jugend zu Erwachsenen im Verein?

Eine solche Schwerpunktsetzung gibt es in unserem Verein nicht. Wir versuchen, allen sportlich Interessierten gerecht zu werden, angefangen von den Kindergruppen, bei denen der Spaß an der Bewegung im Vordergrund steht, bis hin zu den leistungsorientierten und ambitionierten Wettkampfathletinnen und -athleten. Nicht zu vergessen die Fitnessgruppe: Das sind Frauen und Männer im Alter ab 30 und sogar jenseits der 60, die mit Gymnastik, Ausdauertraining und Spielen wie Volleyball, Basketball und Badminton gemeinsam etwas für ihre Fitness tun.

Welche Athleten sind die sportlichen Aushängeschilder des Klubs und welche Erfolge hatten sie zuletzt?

Beginnen möchte ich mit unseren Seniorinnen Grania Leaping Rabbit und Karin Neyer-Schlepper, die der beste Beweis dafür sind, dass man auch jenseits der 60 bzw. 70 noch aktiv Sport treiben und Wettkämpfe bestreiten kann. Grania hält mit 2,35 m den hessischen Rekord im Stabhochsprung ihrer Altersklasse und war in der vergangenen Hallensaison u. a. deutsche Vizemeisterin über 60 m Hürden und im Stabhochsprung. Karin hat sich eher der Langstrecke verschrieben und dort schon an Welt- und Europameisterschaften teilgenommen. Zuletzt hat sie den renommierten Eschenburger Berglauf in ihrer Altersklasse gewonnen und bei den Hessischen Berglaufmeisterschaften den zweiten Platz belegt.

Bei den Jugendlichen stellen wir mit Tamina Boppert eine Hessenmeisterin im Weitsprung. Lasse Karney sicherte sich zuletzt im 100-m-Sprint und im Weitsprung die Regionsmeisterschaft der M15. Noah-Luis Piontek gelang bei den süddeutschen Meisterschaften der große Coup, er wurde M14-Meister im Weitsprung. Ebenfalls bei dieser Veranstaltung wurde Pascal Becker Dritter im Speerwurf der gleichen Altersklasse.

Erfolge konnten auch Amelie Griesel als Regionsmeisterin über 800 m der W14 und Janina Kosub mit der hessischen Meisterschaft im Blockwettkampf Sprint der W13 verzeichnen. Insgesamt können wir auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2019 zurückblicken und hoffen, in der neuen Saison daran anknüpfen zu können.

Wie stellt sich die Trainersituation beim Alsfelder SC dar? Wie viele Trainer betreuen wie viele Sportler? Arbeiten die Trainer haupt- oder ehrenamtlich?

Die Trainerfrage ist ein Dauerthema. Derzeit sind elf Trainerinnen und Trainer aktiv, die sich um etwa 75 Sportler kümmern. Dadurch gelingt es, die Trainingsgruppen klein zu halten und damit eine gute Betreuung zu gewährleisten. An hauptamtliche Trainer ist bei einem kleinen Verein, wie wir es sind, nicht zu denken. Das Training wird zum einen getragen durch Berufstätige, die einen Teil ihrer Freizeit opfern, um gegen geringes Honorar den Verein zu unterstützen. Zum anderen sind unsere Jugendlichen ein wichtiges Standbein. Ein Teil engagiert sich über die sportlichen Aktivitäten hinaus als Trainer. Die nötige Qualifikation erlangen sie durch den Erwerb der Trainerlizenz beim hessischen Leichtathletik-Verband. Die Kosten der Ausbildung trägt der Verein. Leider stehen die jungen Trainer dem Verein nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung, da z. B. mit dem Beginn eines Studiums und der damit verbundenen Ortsveränderung die Trainingstätigkeit nicht mehr fortgeführt werden kann.

Können Sie einen Überblick über die Beitragsstruktur des ASC geben?

Kinder bis 13 zahlen 48 Euro im Jahr, Jugendliche bis 17 Jahre 60 Euro und Erwachsene 72 Euro. Außerdem bieten wir noch eine Familienmitgliedschaft für 168 Euro sowie die passive Mitgliedschaft für 24 Euro pro Jahr an.

Wie gewinnen Sie neue Sportler/Mitglieder? Gibt es Kooperationen mit Kindergärten bzw. Schulen?

Den größten Mitgliederzuwachs generieren wir aus der Vorschulkinder-Gruppe sowie aus der Talentaufbaugruppe. Mit dem Angebot an Drei- bis Sechsjährige bieten wir den Kindern die Möglichkeit, ihren Bewegungsdrang auszuleben und versuchen, spielerisch den Spaß an sportlicher Betätigung zu vermitteln und ihre koordinativen Fähigkeiten zu verbessern. Die Kindergärten in Alsfeld und Umgebung unterstützen uns bei der Bekanntmachung des Angebotes, wofür wir sehr dankbar sind.

Bei den Klassen 1 bis 6 profitieren wir davon, dass an der Albert-Schweitzer-Schule ein sogenanntes Schulsportzentrum angesiedelt ist mit dem Ziel, sportliche Talente zu fördern. Im Bereich Leichtathletik besteht eine enge Kooperation zwischen dem Schulsportzentrum und dem Alsfelder Sport-Club. In der Talentaufbaugruppe (TAG) werden Kinder der Klassen 1 bis 4 aus Alsfelder Schulen zweimal in der Woche von Trainerinnen und Trainern des ASC betreut. Es handelt sich letztlich um eine schulische Veranstaltung, und die regelmäßige Teilnahme wird im Zeugnis vermerkt. Das Interesse ist hier sehr hoch, was nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen ist, dass es seit dem letzten Jahr in der Kinderleichtathletik den sogenannten KILA-Cup Vogelsberg gibt. Aus den Ergebnissen von insgesamt fünf Wettkämpfen, die von Vogelsberger Vereinen ausgerichtet werden, wird am Ende des Jahres die Gesamtwertung ermittelt. Die Sieger und Platzierten der einzelnen Klassen werden bei einer Abschlussveranstaltung mit Medaillen, Urkunden und weiteren Geschenken bedacht. Diese Wettkampfserie findet bei den Kindern riesigen Anklang.

Für die Kinder der Klassen 5 und 6 schließt sich die Talentfördergruppe (TFG) an. Auch hier wird zweimal pro Woche trainiert, wobei eine stärkere Spezialisierung hin zur Leichtathletik stattfindet.

Der Verein schreibt regelmäßig eine FSJ-Stelle aus. Was genau ist die Aufgabe dieses Mitarbeiters? Wie groß ist das Interesse?

Auch bei der FSJ-Stelle arbeitet der Verein mit dem Albert-Schweitzer-Gymnasium zusammen. Zwei Drittel der Stelle sind bei der Schule angesiedelt, ein Drittel beim ASC. Das Aufgabenspektrum besteht in der Schule unter anderem darin, während der Pausen Sportangebote zu machen. Außerdem unterstützt der FSJler bei schulischen Veranstaltungen wie Wandertagen, Sportveranstaltungen und Arbeitsgemeinschaften.

Im Verein fungiert der FSJler zunächst als Assistent im Training. Nach Abschluss der Trainerausbildung, die in das FSJ-Jahr integriert ist, leitet sie oder er eigenständig Trainingsgruppen. Weitere Tätigkeiten sind die Unterstützung bei Wettkämpfen und die Betreuung der Vereinshomepage.

Der FSJler ist eine wichtige Stütze im Trainings- und Wettkampfbetrieb. Wir haben in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht, aber leider gab es in diesem Jahr keine geeignete Bewerbung. Wir hoffen, dass sich für das kommende FSJ-Jahr, das am 1. September 2020 beginnt, jemand findet. Interessenten sollten sich möglichst bis Mitte Mai beim Verein melden, da in Hessen nur eine begrenzte Zahl an FSJ-Stellen zur Verfügung steht. Daher ist es wichtig, möglichst frühzeitig die Stelle zu besetzen.

Sehen Sie sich im Vorstand gut gerüstet für die Zukunft? Gibt es Nachwuchsprobleme oder Posten, die nicht besetzt sind?

Aktuell sind wir in der glücklichen Lage, alle Vorstandspositionen – das sind immerhin elf – besetzen zu können. Besonders froh bin ich darüber, dass wir nach einer Satzungsänderung, die das passive Wahlrecht ab 16 Jahren ermöglicht, Vorstandspositionen mit Jugendlichen besetzen konnten. Die Bereitschaft, bereits in so jungen Jahren Verantwortung zu übernehmen, finde ich toll. Ich hoffe, dass sich bei künftigen Wahlen weiterhin das Verhalten etabliert, für Vorstandsposten zu kandidieren und sich nicht wegzuducken.

Welche Sportstätten nutzt der Verein? Entstehen Interessenkonflikte mit anderen Vereinen/Schulen oder innerhalb der ASC-Trainingsgruppen?

Im Sommer wird im Erlenstadion trainiert, im Winter in der Großsporthalle. Eine Ausnahme bildet das Training der Vorschulkinder, das in der Sporthalle der Albert-Schweitzer-Schule in der Schillerstraße stattfindet. Die größten Engpässe bestehen in der Großsporthalle beim Training der TAG, das mittwochs und freitags am Nachmittag zu einer Zeit stattfindet, zu der auch noch Sportunterricht der Schulen läuft. Insbesondere am Mittwoch sind die Verhältnisse sehr beengt, da dann für bis zu 30 Kinder nur ein Hallenviertel zur Verfügung steht, das ist zu wenig. Ansonsten sind wir mit den zugedachten Trainingszeiten zufrieden.

Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Sanierung Erlenstadion?

Die für uns relevanten Sanierungsmaßnahmen gliedern sich in Laufbahn, Weitsprung- und Hochsprunganlage auf der einen Seite sowie Kugelstoßanlage auf der anderen. Bezüglich der Laufbahn hatten wir die Hoffnung, dass die dringend erforderliche Sanierung endlich in diesem Jahr durchgeführt wird. Vonseiten der Stadt Alsfeld, der Eigentümerin des Stadions, wurde uns aber signalisiert, dass aus Ausschreibungs- und Haushaltsgründen der Zeitplan wohl nicht gehalten werden kann.

Im Hinblick auf die Herrichtung der Kugelstoßanlage ist der ASC initiativ geworden und hat mit der Stadt Alsfeld einen langfristigen Pachtvertrag abgeschlossen mit dem Ziel, die Arbeiten zu forcieren, aber auch, um als Nutzer des Erlenstadions einen eigenen Beitrag bei der Sanierung des Stadions zu leisten. Wir hoffen, die Baumaßnahme in diesem Jahr umsetzen zu können. Voraussetzung ist, dass wir eine geeignete Firma finden, die zeitnah mit den Arbeiten beginnen kann, was bei der angespannten Situation im Bausektor nicht einfach ist.

Mit Malaika Mihambo und Niklas Kaul haben im September zwei Deutsche den WM-Titel geholt. Merkt man das als Leichtathletik-Verein in der Mitgliederbewegung?

Die tollen Erfolge der beiden Aushängeschilder der deutschen Leichtathletik 2019 in Katar haben leider keinen bemerkbaren Mitgliederboom in unserem Verein bewirkt. Das wäre auch etwas zu viel verlangt gewesen. Auf Dauer kann der Verein nur durch ansprechende Trainingsinhalte und -gestaltung sowie durch die Erfolge seiner Athleten überzeugen.

In welchem Alter steigen die Sportler meistens aus der Leichtathletik aus und was kann man dagegen tun?

Den stärksten Rückgang verzeichnen wir im Alter von zwölf bis 14 Jahren. Die Interessen ändern sich, die Leistungsorientierung tritt allmählich in den Vordergrund, und nur mit erhöhtem Trainingsaufwand bei entsprechendem Talent kann man den eigenen Ansprüchen noch genügen und erfolgreich sein. Damit der Spaß an der Leichtathletik erhalten bleibt, sehe ich es als wichtig an, dass man sich in der Trainingsgruppe wohlfühlt. Dazu trägt in unserem Verein sicher auch das jährliche Trainingslager für die Wettkampfathleten bzw. die Sechs- bis Zwölfjährigen bei. Trotz allem ist es schwer, sich zum Beispiel gegenüber dem Fußball mit seiner erdrückenden Medienpräsenz zu behaupten. Hier ist der Verband gefordert, mit neuen Wettkampfkonzepten und Anreizen das Interesse für diese Sportart zu erhöhen.

Autor: Christoph Sommerfeld

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Gießener Allgemeinen.